Mitarbeiterfluktuation im Mittelstand: Carsten und John Kettler diskutieren mit Team über gesunde Unternehmenskultur

Mitarbeiterfluktuation im Mittelstand: Stärke oder Stillstand?

„Bei uns bleibt fast jeder sehr lange.“

„Wir haben seit Jahren niemanden mehr entlassen.“

Sätze wie diese höre ich oft.

Sätze wie diese höre ich oft.

Und ja, auf den ersten Blick klingt das positiv: Stabilität, Vertrauen, Zusammenhalt. All das steckt in diesen Aussagen.

Aber: Ist das wirklich immer ein Zeichen von Stärke? Oder kann es auch ein Hinweis darauf sein, dass Veränderung blockiert wird?

In einer sich wandelnden Welt ist Bewegung unvermeidlich

Die Welt verändert sich schneller denn je:

  • Kundenanforderungen ändern sich,

  • Technologien entwickeln sich rasant,

  • Märkte verschieben sich,

  • Arbeitsmodelle, Werte und Karrieren werden neu gedacht.

Wenn Unternehmen bestehen wollen, müssen sie sich permanent anpassen. Und mit ihnen: die Menschen, die darin arbeiten.

Fluktuation bedeutet Bewegung. Sie kann schmerzhaft sein, aber auch ein Zeichen von Anpassungsfähigkeit. Wenn über Jahre niemand geht, entsteht leicht der Eindruck: „Alles gut, keine Probleme.“ Doch das ist trügerisch Stillstand fühlt sich manchmal stabil an, bis der Markt ihn brutal entlarvt.

Wenn das Team nicht mitzieht…

Was passiert, wenn Mitarbeitende:

  • nicht bereit sind, Neues zu lernen,

  • lieber am Alten festhalten, statt sich weiterzuentwickeln,

  • durch Gewohnheit und Sicherheit in der Komfortzone verharren?

Dann entsteht ein schleichendes Risiko: Der Betrieb läuft,  aber er entwickelt sich nicht weiter. Und irgendwann passt er nicht mehr zur Realität am Markt.

Ein Beispiel aus der Praxis: Ein mittelständischer Zulieferer hatte seit zehn Jahren nahezu keine Fluktuation. Als neue Software eingeführt werden sollte, gab es massiven Widerstand. „Wir machen das schon immer so“ war der Standardsatz. Das Ergebnis: Projektverzug, steigende Kosten, frustrierte Kunden. Hier war die fehlende Bewegung im Team kein Zeichen von Stärke, sondern von Verkrustung.

Geringe Fluktuation ≠ gesunde Unternehmenskultur

Natürlich: Ein eingespieltes Team, das zusammenhält, ist Gold wert. Aber wenn niemand das Unternehmen verlässt – egal, wie sich die Anforderungen verändern – dann sollten Führungskräfte sich ehrlich fragen:

  • Wachsen wir oder verwalten wir nur?

  • Fordern wir unser Team wirklich oder schonen wir uns gegenseitig?

  • Bleiben die Mitarbeitenden, weil sie sich entwickeln oder weil sie sich sicher fühlen?

Fluktuation an sich ist nicht das Problem. Fehlende Entwicklung ist es.

Eine Gallup-Studie zeigt: Nur 15 % der Beschäftigten in Deutschland fühlen sich emotional an ihr Unternehmen gebunden. Viele bleiben nicht aus Begeisterung, sondern aus Bequemlichkeit oder Mangel an Alternativen. Das ist eine gefährliche Bindung, denn sie blockiert Innovation und Dynamik.

Was Reinhold Würth mir beigebracht hat

1993 lernte ich Verkaufen bei Reinhold Würth, einem Mann, der wusste, dass Bewegung zum Wachstum gehört. Sein Satz begleitet mich bis heute:

„Fluktuation gehört zum Wachstum dazu.“

Denn wer Fluktuation kategorisch verhindern will, blockiert womöglich auch den nächsten Entwicklungsschritt des Unternehmens.

Würth hat aus einem 2-Mann-Betrieb eine Gruppe mit über 80.000 Mitarbeitenden aufgebaut. Sein Geheimnis: ständige Bewegung, immer wieder neue Impulse, auch die Bereitschaft, Abschiede als Teil des Prozesses zu akzeptieren. Das ist nicht mein Ziel, aber einiges können wir uns davon abschauen.

Mitarbeiterbindung darf nicht mit Mitarbeiter-Verharren verwechselt werden

Gute Mitarbeiterbindung zeigt sich nicht daran, wie lange jemand bleibt, sondern warum jemand bleibt.

  • Bleibt ein Mitarbeiter, weil er gebraucht wird? Oder weil er inspiriert ist?

  • Weil nichts anderes kommt? Oder weil echte Entwicklung möglich ist?

Die entscheidende Frage lautet:

Tragen die Menschen noch zum Ziel bei oder sind sie längst stehen geblieben?

Ein Team, das nur „treu“ ist, aber keine Impulse liefert, ist auf Dauer genauso riskant wie hohe Fluktuation.

Was du als Unternehmer tun kannst

Wenn Sie Führungskraft oder Geschäftsführender Gesellschafter sind, fragen Sie sich:

  1. Was fordern wir aktuell von unserem Team?

    Sind die Anforderungen auf dem Stand von vor fünf Jahren? Oder gibt es echte Weiterentwicklung?

  2. Wie sichtbar ist Entwicklung bei uns?

    Werden Kompetenzen ausgebaut? Gibt es Lernziele, Mentoring, klare Entwicklungspfade? Oder nur Positionstreue?

  3. Wie gehen wir mit neuen Anforderungen um?

    Werden sie verschoben, verdrängt oder aktiv angegangen?

  4. Wie oft werden kritische Gespräche wirklich geführt?

    Nicht alles muss eskalieren aber alles muss benannt werden.

  5. Wie offen sind wir für externe Impulse?

    Kooperationen, neue Köpfe, frische Ideen oder dominiert die Haltung: „Das haben wir immer so gemacht“?

 

Die Kosten des Stillstands

Viele Unternehmer betrachten hohe Fluktuation als Kostenfaktor und das stimmt. Aber auch fehlende Fluktuation kostet.

  • Innovation verlangsamt sich.

  • Junge Talente fühlen sich ausgebremst.

  • Neue Geschäftsmodelle werden verpasst.

Studien zeigen: Unternehmen mit hoher Diversität in Erfahrung und Alter entwickeln schneller neue Produkte und sind profitabler. Wer dagegen immer dieselben Köpfe mit denselben Denkweisen behält, riskiert, am Markt irrelevant zu werden.

Die gute Nachricht: Veränderung ist lernbar

Bei KETCO begleiten wir Unternehmer:innen dabei, ihre Führungs- und Teamstruktur zu reflektieren ohne Schuldzuweisung, ohne Druck, aber mit viel Klarheit.

  • Wie entwickle ich ein Team weiter, das „zu lange“ gleich geblieben ist?

  • Wie schaffe ich Raum für neue Impulse, ohne die bestehende Kultur zu zerstören?

  • Wie erkenne ich, ob Bindung noch gesund ist oder längst Vermeidung?

Die gute Nachricht: Veränderung ist kein Naturtalent, sondern eine Fähigkeit. Man kann lernen, Bewegung zuzulassen, ohne Stabilität zu verlieren.

Fazit: Fluktuation ist kein Feind

Mitarbeiterfluktuation im Mittelstand ist nicht per se ein Risiko. Sie kann sogar ein Zeichen dafür sein, dass Bewegung möglich ist und sich Menschen weiterentwickeln innerhalb oder außerhalb des Unternehmens.

Wirklich gefährlich wird es erst, wenn alle bleiben, aber niemand mehr wächst.

Die Kunst liegt darin, zwischen gesunder Bindung und lähmendem Verharren zu unterscheiden. Denn am Ende entscheidet nicht die Fluktuationsquote über die Stärke eines Unternehmens, sondern die Fähigkeit, Wandel gemeinsam zu gestalten.

📌 Impuls für die Woche:

Fragen Sie in Ihrem nächsten Führungskreis nicht „Wie halten wir alle?“ sondern:

„Woran merken wir, dass unsere Leute wirklich wachsen?“

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